Haus B 100, Stuttgart

Scholl Architekten, Scholl, Balbach, Walker, Stuttgart; Prof. Rainer Scholl, Freier Architekt, BDA

Projektangaben

Projektbeschreibung

Cortenstahlumhüllung eines Mehrfamilienhauses aus 1908, in den Dachflächen geschuppt, in der Fassadenbekleidung grob gestreckt. Das 1908 im Grenzbau entstandene Mehrfamilienhaus wurde in den Jahren 1949, 1953 und 1963 mehrfach erweitert und umgebaut. Deshalb hatten die beiden aneinander grenzenden Häuser, Birkenwaldstraße 100 und 102, im Laufe ihrer Geschichte schon unterschiedliche Charaktere entwickelt, als die grundlegende energetische Sanierung und räumliche Neugestaltung des Hauses B 100 anstand.
Der Baubestand wurde nicht nur als materielle, sondern darüber hinaus als gestalterische Ressource verstanden. Die vorgefundene additive Körperhaftigkeit des Hauses aus Kubus, Walmdach, dem romantisierenden Treppenturm und dem 60er-Jahre Anbau wird nicht verändert. Durch die neue Umhüllung all dieser Gebäudeteile entsteht eine neue skulpturale Lesbarkeit des Hauses.

Die Stahlhülle aus 1 mm dünnem gestrecktem wetterfesten Baustahl ist hinterlüftet und schützt die neue 36 cm starke Mineralfaserdämmung. Beide Materialien sind konsistent und lassen sich bei einem eventuellen Rückbau leicht trennen und wiederverwerten. Die ästhetische und materielle Haltbarkeit wird wesentlich dadurch gesteigert, dass das zugefügte Material ohne Oberflächenbeschichtung ist und patinieren kann.
Die Stahlhaut ist in den Dachflächen dicht geschuppt und in der Fassade – nach individuellem Entwurf – grob gestreckt und hinterlüftet und bedarf keinerlei Reinigung oder Instandhaltung. Die lange Lebensdauer und der geringe Unterhaltungsaufwand begründen eine nachhaltige Fassadenkonstruktion. Die Materialstärke von 1 mm enthält wenig graue Energie und ermöglicht eine einfache Aluminium-Unterkonstruktion und kostengünstige Verarbeitung, durch einen Spengler vor Ort.

Die neue Hülle ist Gebrauchsform, die in der Patinierung das Zugefallene und Alltägliche aufnimmt und sich weiter auflädt mit den Spuren des menschlichen Daseins und der äußeren Einwirkungen und sich deshalb im Alterungsprozess nicht entwertet, sondern aufwertet. Die nachhaltigen Materialien haben die Qualität Jahrzehnte zu überdauern und sind gleichzeitig ein Zeichen der Baukultur unserer Zeit.
Die inzwischen patinierte Hülle hat sich schnell vom geölten Schwarz über Orange und Rot zu unterschiedlichen Rost- und Brauntönen verändert. Diese Veränderungen dauern an und berichten über das Haus: über das Alte und das Neue, das Material, die Bewitterung und reflektieren die vielfältigen Lichtsituationen des Tages und des Jahres.

Die Bewohner genießen nun eine hohe Wohnqualität mit aktuellen Komfort- und Energiestandards in einem Gebäude, das aus Vorhandenem und Zugefügtem eine hohe atmosphärische Dichte erzeugt und sich somit den Nutzern nachhaltig zueignet.
Die Vielfalt der Oberfläche bindet das Neue sinnlich wahrnehmbar in den materiellen Kontext der Stadt – aber sie zeigt auch deutlich, dass sich in dem über 100-jährigen Haus wesentliches verändert hat, indem eine weitere Schicht zugefügt wurde und damit eine weitere Nutzungsperiode ihren Anfang nimmt.

Architektenpartnerschaft Scholl, Balbach, Walker, Stuttgart; Prof. Rainer Scholl, Freier Architekt, BDA August 2015

Materialien

Corten A, gestreckt nach individuellem Entwurf, 1 mm ArcelorMittal
Lieferant Firma Carl Spaeter, Oberhausen

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Materialklasse:

Unternehmen

Scholl Architekten, Scholl, Balbach, Walker, Stuttgart; Prof. Rainer Scholl, Freier Architekt, BDA
Stöckachstraße 16
70190 Stuttgart
Deutschland
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Fotograf: Rainer Scholl, Stuttgart und Martina Ibbels, Düsseldorf

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